F-Junioren verlassen internationales Parkett

Die letzten vierzehn Tage beherrschte der Ausnahmezustand das Gornauer Sportforum. Die internationale Presse belagerte den Jahnweg und wusste jede noch so kleine Regung der F-Junioren Trainer Sowade und Gillert in den Sportfeuilletonseiten der Gazetten zu besprechen. Selbst beim zögerlichen rückwärts einparken der Trainer meinte so mancher Reporter erste Nervositäten vor den bevorstehenden Aufgaben in der Hallenkreismeisterschaft zu diagnostizieren. Ebenso vermochten die Enthüllungen der Football-Leaks Plattform über Steuersünder im hochbezahlten Profifußball der Berichterstattung aus dem kleinen sächsischen Ort keinerlei Konkurrenz zu bieten (Die Großverdiener der Germaniastädter scheinen nach noch unbestätigten Angaben zufolge nicht dem Kreis der für das Finanzamt interessanten Kollegen anzugehören; Anm. d. Red.). 

Mit dem überraschenden und zugleich überragenden Einzug in die Zwischenrunde der Hallenkreismeisterschaft rückte das Starensemble der Gornauer F-Junioren in den Fokus der internationalen Medien – auch Scouts der großen europäischen Vereine waren nicht verlegen, die Geheimtrainings der letzten Wochen akribisch zu beobachten. Sportvorstand Arnold und die Verantwortlichen des Vereins kontrollierten die besondere Situation aber bemerkenswert entspannt. Pressekonferenzen und Interviews wurden den Trainern und Spielern untersagt, damit sich voll und ganz auf die Vorbereitung der Zwischenrunde der erzgebirgischen Hallenkreismeisterschaft konzentriert werden konnte.

Das junge Gespann Sowade-Gillert ging die Vorbereitung in höchster Professionalität und Unaufgeregtheit an und konnte vergangenen Samstag pünktlich zum dritten Advent mit voller Kapelle im Erzgebirgsblick, der überdachten Arena in Gelenau, anreisen. Als Unterstützung konnten die F-Junioren die an diesem Tag bärenstark aufspielende Reni verpflichten, die eigentlich ihre Brötchen im Staraufgebot der E-Junioren verdient. Im Sonderzug nach Gelenau geeilt, beehrte uns der gewohnt gut gelaunte Ostblock, diesmal mit auffällig hohem Anteil weiblicher Fans – auch das dürfte wohl eine Folge der internationalen Aufmerksamkeit sein, die dieses Team in den letzten Wochen auf sich zog. Die Videoanalysen der Gegner wurden akribisch ausgewertet: Die Germaniastädter sollten es mit sämtlichen Tabellenführern und Champions-League Aspiranten der internationalen Top-Ligen zu tun bekommen. Die Trainer schätzten die Situation an den Ansprüchen gemessen realistisch ein: Die Stars aus Gornau sollten einen guten Eindruck hinterlassen, die ein oder andere spielerische Raffinesse aufs Parkett zaubern und so manchem Ensemble das Spielen schwer machen. Da die zu bewältigenden Aufgaben enorm schwer waren, konnte die junge Truppe eigentlich nur gewinnen – und wenn es am Ende nur Erfahrung im internationalen Geschäft wäre. So sollte es schließlich auch kommen: 0 Punkte, 3-16 Tore und allerlei interessante, gefährliche und kuriose Situationen waren die Ausbeute an diesem Samstagmorgen im für diese Jahreszeit ungewöhnlich warmen Erzgebirge. Phasenweise bot die Überraschungstruppe der Vorrunde einigen großen Namen lange Paroli, brachte sich aber in einer Mischung aus eigenem Unvermögen, falschen Entscheidungen, dem schlichten fehlen der körperlichen Kompaktheit und Unkonzentriertheiten – vor allem Letzteres wird auf diesem internationalen Topniveau bekanntlich sofort bestraft – um den Lohn der eigenen Arbeit. Insgesamt konnten die Germaniastädter am Ende wohl zu großen Teilen nicht unzufrieden nach Hause gehen, auch wenn objektiv betrachtet in der ein oder anderen Situation sichtlich mehr möglich gewesen wäre. Bei der 0-3 Niederlage gegen Mildenau, einem der Schwergewichte der Szene, hielten die Youngster aus Gornau lange Zeit gut mit, ließen aber die Kompaktheit der vergangenen Wochen vor allem im Defensivverbund vermissen: Ob Max, Diego, Nicos oder Wilhelm, der sich heute in einigen Szenen auch stark in der Offensive zeigen sollte – Es fehlte das Quäntchen Stabilität und Zweikampfstärke, das in der Vorrunde noch abgerufen werden konnte. Nur die kurzerhand verpflichtete Reni zeigte sich in allen Spielen bemerkenswert robust und klar in ihren spielerischen Aktionen, die auch in der Offensive Akzente setzen konnten. Selbst der in den letzten Wochen sehr solide Rückhalt Bengt bekam heute die gnadenlose Effektivität und spielerischen Qualitäten der internationalen Topteams zu spüren und überlegte in mancher Situation zu lange. Gedanklich frappierende Löcher zeigten sich auch in allen Mannschaftsteilen gegen den Grünhainichener BC, einer ausgesprochen spielstarken und effektiven Truppe aus dem Engeldorf. Obwohl die dribbelstarke Offensivabteilung unter der Führung von Felix bis ins letzte Drittel starke Ballstaffetten herausarbeitete, kamen Julian, Euron und Elias – Letzterer krönte in vielen gelungenen Aktionen heute seine gute sportliche Entwicklung der letzten Monate – leider viel zu selten zum Torabschluss. Die 0-2 Niederlage nach langem 0-1 Rückstand, bei dem der Ausgleich mindestens in der Luft lag, war ebenso so überflüssig, wie das anschließende 2-6 gegen die Spielgemeinschaft Thum-Herold/Gelenau 2. Hier führten die Germaniastädter verdient gar 2-1, bekamen aber wohl Angst vor der eigenen Stärke und verloren in nicht einmal vier Minuten komplett den Faden: Obwohl sich das Staraufgebot aus Gornauer durchaus einig darüber zu sein schien, dass im Fußball prinzipiell zumindest mit einer (von mir aus auch nur randläufigen) Beachtung des Spielgerätes Erfolge möglich sind, führte die Truppe diese Übereinkunft aller Beteiligten des Spielgeschehens ad absurdum. Es schien fast so, als ob das Ausweichen und Davonrennen vor dem (potenziell in seiner Struktur mal wieder mit knochenbrechendem Potenzial versehenem) Futsal (wir nannten es früher Fußball) eine neue Modeerscheinung beschreibt. Vielleicht ist dieser Erklärungsansatz aber auch zu philosophisch gedacht und die Trainer sollten es nur als vorpubertäres Austesten der Geduldsgrenzen verstehen. Dazu waren die Junioren gedanklich teils gänzlich abwesend – wahrscheinlich hatte der ein oder andere noch damit zu tun, den Wunschzettel für den nahenden Weihnachtsmann zu reflektieren. Das Angebot auf dem Spielzeugmarkt erfordert ziemliches geistiges Beisammensein, will man nichts vergessen. Wie auch immer, in diesem Spiel wäre Zählbares möglich gewesen, hätten wir nicht jedes Ordnungsprinzip und sämtliche Übereinkünfte des Fußballspielens über Bord geworfen. Das Trainergespann nahm die Entwicklung bisher – im Gegensatz zur Vorrunde, in der sich Sowade und Gillert permanent in gesundheitsgefährdenden Situationen wiederfanden – noch gelassen, zumindest nach außen hin, fast stoisch mochte man meinen. Wahrscheinlich verordnete der Teamarzt vor dem Turnier Beruhigungspillen. Doch die folgende Kabinenansprache von Gillert – da lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster – wird zur Legende werden. Eine Mischung aus Wutrede, Motivationspamphlet und Manifest auf das Fußballspiel im Allgemeinen und Besonderem hallte durch die Arena und dürfte auch in den Nachbarorten die Schwibbögen von der Fensterbank gerüttelt haben. Man munkelte hinter Vorgehaltener Hand und in den dunkelsten Ecken auf den Gängen später gar, der DFB wolle Gillert in seiner beharrlichen Überzeugungskraft und scharfen Analyse unter seiner Ägide für das Bundespräsidentenamt nominieren – die Steinmeiers dieser Welt können sich warm anziehen und werden „mindestens irritiert“ sein. Das letzte Spiel gegen die körperlich immens präsenten Krumhermersdorfer, dem verdienten Gewinner dieser Zwischenrunde, konnten die Germaniastädter mit einem 1-5 wenig entgegensetzen. Auch wenn das Gewinnerteam eine bemerkenswert eigentümliche Spitzeschusstechnik entwickelt hatte und damit das Spielgerät als einzige Mannschaft weiter als fünf Meter in der Lage zu befördern war – und nebenbei sogar so manchen Schuss unter die Latte knallte – überzeugten diese vor allem mit einer außerordentlichen Zweikampfstärke. Besonders das fehlte den Stars aus Gornau an diesem Tag – nur mit Schnickerei ist im internationalen Business nichts zu holen.

Die Mannschaft und Trainer haben Erfahrung gesammelt, werden die richtigen Schlüsse in der Analyse ziehen und weitere Entwicklungsschritte gehen. Es ist toll zu sehen, wie sich die Mannschaft als Team präsentiert und auch gegen die großen Namen der Szene viele gute Aktionen zeigt, ja bisweilen ab und an mithalten kann. Morgen wird Sportvorstand Arnold beim Trabant-Doppelpass im Rathaus-Hotel Gornau der geballten TV-Fußballexpertise dieser Republik Rede und Antwort stehen (ab 11 Uhr Live auf Germania-TV). Wollen wir hoffen, dass er die Phrasen dort sparsam einsetzt, ansonsten steht der Verein schnell am finanziellen Abgrund. Der CFC scheint sich in solchen Situationen gegenwärtig gut auszukennen. Zwischen Weihnachten und Neujahr werden wir die Toptalente aus Gornau beim Zaubern auf dem Zschopauer Parkett bewundern können: Die Witzschdorfer Hallengala lädt zum Kicken ein, auch hier wird sich bestimmt das ein oder andere internationale Schwergewicht sehen lassen. Anschließend geht es für die F-Junioren ins Trainingslager nach Dubai, der FC Bayern musste den Germaniastädtern leider Platz machen.

Von hier aus wünsche ich schon einmal schöne Weihnachten an alle Leser und Leserinnen!

 

Tobias Sowade

 

 

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